Der Name BISDEDE ist eine Landschafts- und Herrschaftsbezeichnung, die sich bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen lässt und vermutlich das Umland um die heutigen Orte Bölkow, Mühl Rosin und den Inselsee umfasst hat. Als Burg BISDEDE wird in historischen Quellen eine Anlage benannt, deren Reste auf der Halbinsel im Inselsee unmittelbar vor Bölkow liegen. Die Burg wurde im 9. Jahrhundert erbaut und ihren Bewohnern gelang es im Laufe der Jahrhunderte, ihre Stellung auszubauen, bis ihre Macht von den Dänen im Jahr 1184 gebrochen wurde. Seitdem war die Landschaft um die Burg und den Inselsee herum mit dem Namen BISDEDE verbunden.

Hier ein ausführlicher Bericht über DIE BURG, DEN SEE UND DAS LAND BISDEDE von Prof. Dr. Wolf Völker, welcher im Heft Nr. 12 der Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Mühl Rosin veröffentlicht wurde.

Die Burg Bisdede, der See Bisdede und das Land Bisdede – ein Verein und die Herkunft seines Namens

Schon im Vorfeld fragten viele Bürger unserer Gemeinde, woher dieser Name kommt und warum wir diesen Namen gewählt haben. Im Folgenden möchte ich einen kurzen geschichtlichen Abriss zur Herkunft des Namens „Bisdede“ geben. Wir werden einen Blick in die Geschichte unserer Gemeinde in den Zeitraum 750-1200 werfen, als die Slawen auch die Gegend um den heutigen Inselsee bewohnten.

Doch zunächst zu den historischen Quellen. Die ersten Hinweise findet man in den Jahrbüchern des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 1847 (Jahrbuch 12) erschien ein großer Beitrag vom berühmten mecklenburgischen Altertumsforscher Georg Christian Friedrich Lisch (1801-1883) mit dem Titel „Üeber die Länder Bisdede und Tribedne.“ Zu diesem Artikel verfasste Lisch unter dem Titel „Die Burg Bisdede“ noch einen mehrseitigen Nachtrag, der sich nur der Geschichte der Burg zuwandte.

1867 erschien im 32. Jahrbuch des Vereins, wieder von Lisch, der Aufsatz „Geschichte der Besitzungen des Klosters Michaelstein in Meklenburg,“ in dem auch auf Land, See und Burg Bisdede eingegangen wird. Im 116. Jahrgang der Mecklenburgischen Jahrbücher 2001 erschien von Dr. Fred Ruchhöft der ausführliche Artikel „Siedlungsgeschichtliche Komponenten zur Gründung der Stadt Güstrow.“ Im ersten Kapitel dieses umfangreichen Aufsatzes wird im Kapitel 1.2. die Geschichte der Burg Bisdede mit allen zugänglichen Quellen und hochinteressanten, vom Verfasser entworfenen, Abbildungen vorgestellt.

Letztendlich soll Friedrich Schlie (1839-1902) erwähnt werden, der in seinem fünfbändigen Werk: „Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin im vierten Band, Seite 415 die nachfolgende Karte abgedruckt hat. Diese Karte soll nun als Einstieg in eine kurze Darstellung der wichtigsten Aussagen aus den genannten Texten zur Burg Bisdede, zum See Bisdede und zum Land Bisdede dienen, die alle drei zum Namen unseres Vereins beigetragen haben. Woher das Wort Bisdede stammt und was es von der Herkunft bedeutet ist bis heute nicht zu ermitteln gewesen.

Die Burg Bisdede

Die Karte von Schlie zeigt die genaue Lage des alten Burgwalls Bisdede und im unteren Teil den Wasserspiegel des Inselsees am 31. Mai 1893 sowie den Querschnitt des Burgwalls. 46 Jahre früher als Schlie, am 14. Mai 1847, fuhr Friedrich Lisch von Schwerin nach Güstrow, wo er bei Bölkow „die vorzüglichste Fürstenburg jener Gegend in heidnischer Zeit“ fand. Diese Burg sollte Lisch im Auftrag des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde erforschen.

Vor Lisch‘s Ankunft hatte der Verein bereits den dortigen Pastor Ernst Friedrich Johann Marggraf, Pastor in Badendiek von 1844-1853, gebeten, einige vorläufige Untersuchungen zu den Burgwällen in seiner Pfarre mitzuteilen. Marggraf schrieb an den Verein: „Der Burgwall bei Bölkow ist auf der schmettauschen Charte richtig angegeben und befindet sich auf einer Landzunge, welche von Bölkow aus in den See gegen die Schöninsel reicht und vom Lande durch eine Wiese angesperrt ist. Er gehört den Büdnern von Bölkow und wird von denselben bis auf einen kleinen mit Buschwerk bewachsenen Theil beackert. Gefunden hat man bisher nichts Altertümliches, wenigstens versichern dies die ältesten jetzigen Besitzer desselben.

Das Schmettausche Kartenwerk war eine topografische Landesaufnahme für Teile Preußens sowie für Mecklenburg. Das Kartenwerk wurde unter der Leitung des preußischen Offiziers und Kartographen Friedrich Wilhelm Karl Graf von Schmettau in den Jahren 1767 bis 1787, für die preußischen Teile und für Mecklenburg-Strelitz (8 Karten) und von 1788 bis 1793 für Mecklenburg-Schwerin und das Fürstentum Ratzeburg (16 Karten) angefertigt.

Lisch fand den Burgwall noch annähernd so vor, wie er 1184 durch die Truppen des dänischen Königs Kanut (Knut VI. 1162/1163-1202) zerstört wurde. In dem Feldzug 1184 besiegte er den Herzog Bogislaw I. von Pommern und eroberte dann Gebiete slawischer und norddeutscher Stämme, so dass man ihn auch als König der Slawen bezeichnete. Als Grund für den „guten“ Zustand gab Lisch an, dass diese Landzunge keinen fruchtbaren Boden enthielt, bei nassem Wetter schwer zugänglich war und in früheren Zeiten einen tiefen Sumpf gebildet haben muss. Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts nutzten Bauern diese Landzunge, wie schon seit Jahrhunderten, als Fläche für ihre Tiere.

In der Slawenzeit waren alle Burgwälle am Rande mit einem Erdaufwurf umgeben. Da alle anderen damals bekannten Burgwälle in dieser Gegend von den Bauern beackert worden waren, war der Burgwall der Burg Bisdede zu Lisch‘s Zeiten der einzige im Lande, der noch seine ursprüngliche Gestalt besaß. Der Wall oder die Brustwehr hatte eine Höhe von etwa 10 Fuß. Den inneren Raum der Burgfläche bildete eine große kesselförmige Vertiefung. Der Ringwall, der dicht am Rande zum See stand, hatte 1847 auf seiner Höhe einen Umfang von 210 Schritten. In Richtung Güstrow lag auf dem Wiesengrund vor dem Burgwall bis zum Wasser eine große, ebenfalls aufgetragene Erhöhung von etwa 10 Fuß Höhe, die Lisch als Vorburg ansah, auf welcher die Bevölkerung der Burg gewohnt haben soll.

Die auf dem Burgwall und in der Vorburg gefundenen Topfscherben waren für Lisch der sichere Beweis für die Bedeutung dieser Burg. Unzählige Topfscherben, mit Granitgrus durchgeknetet, mit parallelen Kreisen oder Wellenlinien verziert lagen überall herum. Häufig fanden sich auch rötlich gebrannte Reste von Lehmklumpen oder „Klehmstaken“ von den Gebäuden. Dies steht im Widerspruch zu den Mitteilungen des Pastors, der die Landzunge selbst wohl nicht betreten hat und nur die Beschreibungen der Bauern weitergegeben hatte, die kein Interesse an möglichen Forschungen auf ihrem Besitz hatten und die Scherbenfunde für sich behielten. Aus christlicher Zeit, also ab ca. 1200, wurde keine einzige typische schwarze oder blaugraue Scherbe gefunden. Auch auf dem Festland, wo sich seit jahrhunderten eine Siedlung befand, aus der das spätere Dorf Bölkow entstand, fand Lisch überall slawische Scherben.

Nach einem Bericht des verdienstvollen Altertumsforschers Wilhelm Mastaler (Güstrow), wurde im Umfeld der Vorburg im See ein Pfahlrest gefunden, der auf eine Brücke zur Schöninsel hindeuten könnte. Nach Lisch‘s Meinung spielte die Burg Bisdede, lange bevor Güstrow erbaut wurde, eine wichtige Rolle in dieser Gegend. Die genaue Blütezeit der Burg Bistede ist nicht festlegbar. Sie gilt als Nachfolgeburg für die bei Kirch Rosin gefundene Burganlage, die aber noch nicht wissenschaftlich untersucht wurde und ca. 850 ihre Blütezeit besaß. Ganz differenzierte Mitteilungen kann man hierzu dem Beitrag von Fred Ruchhöft: Siedlungsgeschichtliche Komponenten zur Gründung der Stadt Güstrow“ entnehmen. (Mecklenburgische Jahrbücher, 116. Jahrgang, 2001)

Ausgehend von den bisherigen Funden kann die Burg Bisdede vom Ende des 9. Jahrhunderts bis zum 11./12. Jahrhundert datiert werden. Bis zum Jahr der Zerstörung der Burg Bisdede im Jahre 1184 durch die Dänen, besaß diese Burg als Gauburg oder als Fürstenburg große Bedeutung im Land Bisdede.

Der dänische König Kanut war im Herbst 1184 bei Strela (Stralsund) gelandet und zog mit seinem Heer bis zur heutigen Stadt Gnoien. Dort teilte sich sein Heer und ein Teil drang alles verwüstend und verbrennend bis zum See Bisdede (Inselsee) vor. Alte dänische Quellen schreiben, dass man in der Nähe eines Dorfes (Bölkow) eine durch eine Brücke mit dem Land verbundene Burg fand, welche von einem so großen Wasser umgeben war, dass man es mit Schiffen befahren konnte. Der slawische Burgherr Ottmar ließ die Brücke abbrechen als die Dänen kamen, konnte aber die Eroberung und Zerstörung der Burg nicht verhindern. Nach der Zerstörung dieser Burg zog sich das dänische Heer zunächst aus dieser Gegend zurück.

Die alte Bedeutung der Burg Bisdede ist auch daran zu erkennen, dass bei der Christianisierung des Landes Güstrow die nächsten Umgebungen der Burg Bisdede Domainen wurden. Das Domstift Güstrow wurde 1226 mit den Dörfern Gantschow, Gutow, Badendiek und Bölkow und das Kloster Michaelstein (im Harz, s. Heft 1) im Jahre 1229 mit den Dörfern Rosin (Mühl- und Kirch Rosin) beschenkt.

Aus der slawischen Zeit stammen auch die Sagen über den Burgwall, der ursprünglich ein Sandberg war. (s. Heft 11) Ruchhöft spricht der Burg Bisdede bis Mitte des 11. Jahrhunderts eine Vormachtsstellung in der Region des westlichen Circipanien zu. Aus dieser Vormachtsstellung wurde die Burg Bisdede namensgebend für eine ganze Landschaft. In spätslawischer Zeit verlor die Burg Bisdede an Bedeutung. Um 1000 spalteten sich die Kessiner als selbständiger Stamm der Slawen ab und die Burg Bisdede kam zu ihrem Hoheitsgebiet.

Die Frage, ob die Burg Bisdede noch bestand hatte, als die Güstrower Burg errichtet wurde, kann bis heute nicht beantwortet werden. Man ist sich aber auf Grund der archäologischen Funde ziemlich sicher, dass die Burg Bisdede bereits aufgegeben war, bevor die Güstrower Burg errichtet wurde.

Letztlich muss gesagt werden, dass die Erwähnungen der Burg Bisdede aus zwei gefälschten Urkunden des Bistums Schwerin stammen. Die echten Urkunden erwähnen die Burg Bisdede nicht.

Der See Bisdede

Zur Burg Bisdede gehörten mehrere Siedlungen. Rund um den See Bisdede, dem späteren Inselsee, sind, wie die Karte von Fred Ruchhöft ausweist, ca. 20 Siedlungen gefunden worden. Wenn die ganze Siedlungslandschaft um Güstrow, besonders an den Seen (Parumer See und Sumpfsee) einbezogen wird, erkennt man, dass in der gesamten Gegend über Jahrhunderte eine intensive Besiedlung stattfand.

Der älteste Name für den Inselsee ist also Bisdede. Der See Bisdede hat zur Slawenzeit tiefer gelegen. Erst durch die Güstrower Mühlen ist der Wasserspiegel angestaut worden. Schon zur Zeit als Schmettau die Karten von Mecklenburg erstellte, wurde der See wie auf der Karte zu sehen, mit zwei Namen bedacht, dem Rosiner See und von Schöninsel und der Bölkower Landzunge abgeteilt, der Gutower See.

Das Land Bisdede

Die untere Grafik von Ruchhöft zeigt die herrschaftlichen Verhältnisse am Beginn des 13. Jahrhunderts um Güstrow. Hier kann man erkennen, dass die Burg Bisdede und der See Bisdede auch zum Namen für ein Gebiet um den heutigen Inselsee und in der Nähe Güstrows geworden war. Ruchhöft vermutet, dass diese kleine Region zu ihrer Hochzeit und vor der Gründung der Burg Güstrow ein anerkannter politischer Name war. Der Schwerpunkt des Landes Bisdede lag also genau im Bereich unserer heutigen Gemeinde. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden unseren Verein dem Namen Bisdede zu geben.

Bisdede, Tribedne und Circipanien

Lisch schrieb in seinem Artikel „Ueber die Länder Bisdede und Tribedne“, dass beide Länder in unserer Gegend einen bedeutenden Namen in der alten Geschichte, sowohl hinsichtlich auf die politischen Grenzen, als auch im Bezug auf die Eroberungszüge der Dänen besaßen. Während das Land Bisdede von Gutow, Bölkow in Richtung Teterow lag, lag das Land Tribedne im heutigen Vorpommern. Sowohl das Land Bisdede als auch das Land Tribedne gehörten in der Slawenzeit zur größeren politischen Einheit, dem Land Circipanien. Lisch gibt die nördlichen Grenzen von Circipanien u.a. mit Orten wie Tessin, (Bad) Sülze, Gnoien, Lübchin und die südliche Grenze mit Badendiek, Krakow, Lohmen an.

Wir wohnen also im südlichen Teil des Lande Circipanien und dort in der kleineren Einheit des Landes Bisdede, zu vergleichen mit den früheren Bezeichnungen Bezirk und Kreis.

Nun wünschen wir dem Verein „Bisdede“ viele engagierte Mitglieder und ein breites, interessantes und anregendes Programm für die Bevölkerung unserer Gemeinde.

Wolf Völker